Bello ist ein kleiner Hund. Genaugenommen, ist
er ein kleiner brauner Hund mit einer rosafarbenen Schwanzspitze.
Bello weiß nicht genau, weshalb seine Schwanzspitze eigentlich rosa
ist. Das war schon immer so. Aber eigentlich ist er da auch sehr
stolz darauf. Keiner der Hunde, die Bello kennt, noch nicht einmal
der furchtbar eingebildete Caesar von nebenan, hat eine rosa
Schwanzspitze. Also ist Bello etwas ganz Besonderes.
Bello ist auch sehr stolz auf seinen Namen. Der
furchtbar eingebildete Caesar von nebenan soll sich mal gar nicht so
aufplustern mit seinem Namen. Caesar kommt nämlich aus irgendeiner
fremden Sprache (und Caesar weiß noch nicht einmal, aus welcher!!!)
und heißt „Kaiser“. Aber Bello hat einen viel schöneren Namen
und er weiß sogar, aus welcher Sprache er kommt: das ist Lateinisch
und ist der Ablativ von „Krieg“. Bello weiß zwar nicht, was ein
Ablativ ist, aber das macht nichts. Man kann ja an seinem Namen
trotzdem sehen, was für ein kriegerischer und mutiger Hund er ist!
Aber Bello wird es zu Hause zu langweilig. Deshalb beschließt
er, die Welt zu erkunden. Da gibt es nur ein Problem: Um Haus und
Garten, wo Bello wohnt, ist ein hoher Gartenzaun!
Wie kommt man da am besten rüber? Aber dann fällt Bello ein,
dass sich der furchtbar eingebildete Caesar von nebenan ja mal unten
hindurch gebuddelt hat. „Was der kann, das kann ich schon
lange!“, denkt sich Bello und verkriecht sich in die hinterste
Ecke des Gartens. Hinter der großen Tanne kann ihn niemand sehen.
Herrchen und Frauchen dürfen nämlich nichts merken, sonst sperren
sie Bello ins Haus ein, und dann wäre es nichts mit dem Ausreißen!
Endlich ist Bello fertig. Das war
Schwerstarbeit! Davon ist Bello ganz durstig geworden. Schnell läuft
er zu dem kleinen Fluss, an dem er sonst immer mit Herrchen und
Frauchen spazieren geht. Das Wasser tut gut!
Plötzlich entdeckt Bello ein kleines
Segelschiffchen, das am Ufer festgemacht ist. Damit möchte er gern
einmal eine kleine Spazierfahrt machen!
Mit den Zähnen macht er das Boot los und setzt
sich hinein.
Der Wind treibt das Schiff auf eine kleine Insel. Auf ihr steht
nur ein einziger Baum, so einen hat Bello noch nie gesehen! Er hat
einen ganz komischen Stamm und Riesenblätter! Bello weiß nicht,
dass der Baum eine Palme ist. Aber er hebt trotzdem das Bein und
„markiert“ ihn, indem er daran pullert. Das dürfen (und können)
aber nur Hunde machen!
Dann möchte Bello wieder zum Ufer zurückfahren. Aber der Fluss
treibt ihn immer weiter weg von zu Hause! Bello bekommt große
Angst. Er hat einmal gehört, dass der Fluss ins große, große Meer
geht und dahin möchte Bello auf gar keinen Fall. Er überlegt, ob
er vielleicht schwimmen könnte, aber Bello schwimmt gar nicht gern.
Das Wasser ist außerdem viel zu kalt! Und außerdem sieht der Fluss
so tief aus. Das Wasser ist ganz klar, man kann bis auf den Grund
sehen. Aber der Grund muss furchtbar weit weg sein, denn die Fische,
die dort herumschwimmen, sehen ganz klein aus! Nein, Bello möchte
auf gar keinen Fall schwimmen. Denn wenn er untergeht, dann kommt er
dort nicht so schnell wieder hoch!
Aber was soll Bello dann machen? Er wird immer
verzweifelter. Und dann fällt ihm auch noch ein, dass irgendwo
hinter einer Biegung der Fluss einen Wasserfall herunterstürzt!
Bello beginnt richtig zu zittern. Doch da – er sieht etwas Gelbes,
das auf dem Fluss schwimmt! Es ist eine Ente – eine sehr große
sogar! Bello hat außer seiner Quietschente, mit der er immer beim
Baden spielt, noch nie eine gelbe Ente gesehen – und erst recht
nicht in dieser Größe.
Aber jetzt ist ihm das egal, die Ente ist seine
letzte Hoffnung. Er ruft laut: „He! Hallo, du da drüben!
Hiiiiiilfeeee!“ Die Ente kommt ganz schnell herübergeschwommen
– „Was ist denn los? Weshalb schreist du so laut?“, fragt sie
ganz erstaunt. „Rette mich!“, fleht Bello, „Ich komme nicht
mehr ans Ufer! Und ich will doch nicht den großen Wasserfall
hinunterfallen!“
Da nimmt die gelbe Ente Bello auf ihren Rücken,
direkt zwischen die Flügel, und trägt ihn ans Ufer – zum Glück
an das Richtige.
Bello bedankt sich ganz erleichtert und schwört
sich, nie wieder eine Bootsfahrt zu machen.
Dann überlegt er: Den Fluss hat er jetzt erkundet, und es reicht
ihm gründlich. Er schaut sich um: Diesen Teil des Ufers kennt er
noch gar nicht. Da hat ihn das Boot aber weit mitgenommen! Ganz weit
weg kann er einen großen Berg sehen. Der ist so hoch, dass auf
seiner Spitze sogar schon Schnee liegt.
Bello geht am Fluss entlang. „Wenn ich immer
am Fluss entlang in die Richtung gehe, aus der ich gekommen bin,
dann komme ich irgendwann wieder zu Hause an“, denkt sich Bello.
Und nach Hause, das möchte er auf jeden Fall, er hat inzwischen großen
Hunger und ist müde und der Schreck von vorhin sitzt ihm auch noch
in den Knochen. Und man muss die Welt ja nicht soooo lange erkunden,
Bello hat jetzt ein bisschen von ihr gesehen, und es reicht ihm
vollauf. Er hat ja noch gar nicht gewusst, wie groß sie ist!
Unterwegs trifft er eine Maus. Als sie ihn
sieht, nimmt sie schnell Reißaus. Aber Bello möchte nur noch heim.
Er ist viel zu müde, um auf Mäusejagd zu gehen – und außerdem
ist das Katzenarbeit!
Auf der Wiese stehen noch die letzten Blumen,
obwohl es schon ziemlich kalt ist – und das, obwohl die Sonne
scheint! Bello’s Herrchen hat ihm zwar immer wieder erklärt, dass
es nicht unbedingt warm sein muss, wenn die Sonne scheint, weil sie
sich im Winter ja auch nicht immer hinter den Wolken versteckt,
sondern ab und zu auch mal zum Vorschein kommt und dann einfach
nicht genug Kraft hat, um es richtig warm zu machen, aber Bello
findet das trotzdem irgendwie unlogisch.
Aber im nächsten Moment ist er schon wieder
abgelenkt – über die Wiese flattert ein bunter Drachen! Bello ist
begeistert.
Aber er muss ja nach Hause. Die Beine tun ihm
weh, sein Bauch knurrt und es wird immer kälter.
Plötzlich hört der kleine Hund großen Lärm.
Er kommt an eine Straße! Aber jetzt ist gerade weit und breit kein
fahrendes Auto zu sehen. Nur am Straßenrand steht eines, das dort
aber nur parkt.
Am Straßenrand sitzt ein Teddy, der einen Ball neben sich liegen
hat. „Spielen wir zusammen Ball?“, fragt er den kleinen Hund
hoffnungsvoll. Aber Bello ist dazu viel zu müde. „Ein andermal
vielleicht. Ich muss jetzt ganz schnell nach Hause.“
Dann kommt er durch einen kleinen Wald. Dort liegt schon das Laub
auf dem Boden und er entdeckt sogar einige Pilze! Aber zu allem Unglück
fängt es auch noch an zu regnen, und zwischendurch schneit es auch
noch ein bisschen! Der arme Bello wird vollkommen nass.
Bello will nur noch heim. Er zittert am ganzen Körper und seine
Beine knicken immer wieder ein. Der Schneematsch, der auf dem Boden
liegt und immer mehr wird, bleibt an seinen Pfoten kleben, sie
werden eiskalt und steifgefroren und tun weh. Es wird dunkel, aber
die Gegend kommt Bello immer noch nicht bekannt vor. Als er zum Lärm,
der Straße hingerannt ist, hat er die Orientierung verloren. Er weiß
noch nicht einmal mehr, wo der Fluss ist. Wie soll er da nur nach
Hause finden? „Ich reiße nie wieder aus!“, weint Bello leise
vor sich hin. „Wenn ich jetzt nach Hause finde, dann will ich auch
immer ganz artig sein, und keine Schuhe mehr zernagen, und die
Zeitung verstecke ich auch nicht mehr. Aber ich will heim!"
Bello ist ganz erschöpft. Er kann einfach nicht mehr und legt sich
an den Straßenrand und weint. Der Schnee fällt auf ihn, aber das
ist Bello auf einmal furchtbar egal. Da hört er etwas tapsen, ein
Schnaufen und Schnüffeln, und dann ein Bellen. Das kennt Bello
doch! Das ist doch der furchtbar eingebildete Caesar von nebenan!
Bello ist mit einem Satz auf den Beinen. Dort hinten, zwischen den
zwei Hügeln, dort sieht er ja auch schon den Kirchturm von dem
Dorf, in dem er wohnt!
Und dort ist auch der furchtbar eingebildete
Caesar von nebenan! Aber Bello knurrt diesmal nicht wie immer, wenn
er Caesar sieht. Er ärgert sich auch nicht darüber, dass Caesar
leider fast doppelt so groß ist wie er. Und dass Caesar mit
hocherhobener Schnauze hochaufgerichtet daherstolziert kommt, als
wollte er allen zeigen, wie toll er doch ist. Nein, diesmal ist
Bello ausnahmsweise einfach nur froh, ihn zu sehen. Froh, dass
Caesar ihn hochnimmt und nach Hause trägt.
Aber zum Glück schläft er schon unterwegs
ganz schnell ein, erschöpft wie er ist, sonst hätte er bestimmt
noch gehört, wie Caesar zwischen den Zähnen hindurch brummt:
„Diese Babys kann man aber auch nie allein lassen! Immer gehen sie
verloren!“ Und dann hätte er sich bestimmt doch noch geärgert.
Luise Kamusella |
Das ist Bello.
In diesem Haus wohnt Bello.
Hinter der Tanne buddelt Bello ein Loch.
Mit diesem Schiff möchte Bello einmal eine Spazierfahrt machen!
Auf der Insel steht nur ein einziger Baum - eine Palme.
Bello kann sogar die Fische am Grund des Flusses sehen!
Das ist Bello's Retterin
Auf der Bergspitze liegt sogar schon Schnee!
Die Maus reißt vor Bello ganz schnell aus.
Ein bunter Drachen - Bello ist begeistert.
Hat dieses Auto so großen Lärm gemacht?
Der Teddy hätte zu gern mit Bello gespielt.
Oh nein, es beginnt zu regnen!
In der Dunkelheit hätte Bello sein Dorf fast übersehen.
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