(Kurz-)Geschichten

Das Frühlingsfest

Emil Erpel schwamm zum großen Frühlingsfest. Er hätten freilich auch fliegen können, aber heute war das Wasser schön warm, das musste genutzt werden. Das Schwimmen ging aber auch herrlich. Insgeheim lachte er über die Menschen. Sie waren nicht wie er mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen ausgestattet. Wie die manchmal im Wasser herumzappelten - einfach komisch! Unterwegs traf Emil auf Quaker, den Grasfrosch. Es war schwer, ihn im grünlich-braunen Wasser zu erkennen, denn seine Hautfarbe hatte genau die gleiche Tönung. "Na, schwimmst du auch zum Fest?" fragte Quaker, während er mit seinen langen, kräftigen Hinterbeinen gleichmäßige Schwimmbewegungen ausführte. Auch er besaß zwischen seinen Zehen Schwimmhäute.
Plötzlich gluckerte es und ein Kopf kam aus dem Wasser gefahren. Erschrocken stoben Quaker und Emil auseinander. Was war das denn? "Ach, du bist es nur, Quosse!" rief der Erpel erleichtert, als er seinen besten Freund, den Fisch erkannte. Quosse tauchte wieder und tauchte einige Meter weiter vorn wieder auf. Er konnte sehr schnell schwimmen, denn da er unter Wasser lebte, hatte er Flossen. Unter Wasser kann man sich ja bekanntlich am besten schwimmend fortbewegen. Quosse konnte dadurch sehr schnell schwimmen und gewann jedes Wettschwimmen. Schade war nur, dass Emil ihn jedesmal nur sehr kurze Zeit sehen konnte, denn der Entenerpel konnte unter Wasser nicht atmen, weil er Lungen besaß. Quosse hingegen atmete durch Kiemen und konnte deshalb nur unter Wasser atmen.
Jetzt piepte es links von ihnen und Spary Spatz erschien. Auch er wollte zum Fest. Spary war ein recht unscheinbarer Vogel, konnte jedoch wirklich sehr schnell fliegen. Sein Element war die Luft. Um sich dort auch fortbewegen zu können, war er mit Flügeln ausgestattet. An seine Lunge schlossen sich noch Luftsäcke an, so dass er viel mehr Sauerstoff aus der Luft holen konnte. Dies war auch dringend nötig, denn Fliegen ist sehr anstrengend.
Neben ihnen zischte es und Nara, die Ringelnatter erschien. Sie ernährte sich unter anderem auch von Fröschen, deshalb wich Quaker erschrocken zurück. Naras Schlangenmaul zog sich in die Breite, dann riss ihre seitlich sehr beweglichen Kiefer weit auseinander und ließ ihren furchterregenden Rachen sehen. Noch mehr erschrocken, entfernte sich Quaker von ihr. Nara lachte. "He Quaker, komm zurück! Heute ist das Fest des Frühlings, da darf ich dich doch nicht fressen! Mein Magen ist schon gefüllt!" Die anderen lachten. Quaker lief rot an, soweit man dies von einem Frosch behaupten darf. Dann kehrte er beschämt an seinen Platz zurück. Mühelos glitt die schlanke Nara durch das Wasser. Sie konnte sehr gut schwimmen, doch an Land schlängelte sie sich noch schneller vorwärts. Sie besaß keine Beine, die sie hätten behindern können. Ihre rauhe Haut war mit Hornschuppen bedeckt. Dadurch wurde dieses Reptil beim Vorwärtsbewegen nicht behindert.
Neben ihnen streckte jetzt der Fischotter Kula den Kopf aus dem Wasser. Auch er konnte sehr schnell schwimmen und noch viel besser tauchen, "obwohl" er ein Säugetier war. Seine kleinen Ohren lagen dicht am Kopf an, seine Nasenöffnungen konnte er verschließen. Der Schwanz diente ihm als Steuerruder und zwischen den Zehen besaß er, ebenso wie Emil und Quaker, Schwimmhäute. Sein kurzer, dichter Pelz wurde durch viele Talgdrüsen gefettet und war dadurch wasserabweisend. Eben veranstaltete er mit Quosse ein Wettschwimmen. Das war wirklich spannend - wer würde gewinnen? Es sah nach einem Unentschieden aus. Es war übrigens das erste mal, dass die beiden ein Wettschwimmen veranstalteten, denn sonst immer wurde Kula von Quosse gemieden. Warum? Nun überlegt doch mal!! Wovon werden sich Fischotter wohl ernähren? Klar?!
"Jetzt fehlen nur noch Siela und Milly", stellte Spary Spatz fest. Die kleine Gruppe begab sich ans Ufer, wo das Frühlingsfest stattfinden sollte, damit auch jedes Tier daran teilnehmen konnte. Die Spitzmaus Milly saß schon da und wartete auf ihre Kameraden / Feinde (wegen "Fressen und gefressen werden). Das Tierchen war für eine Spitzmaus schon relativ alt. Außer dem durch seine Farbe der Umgebung anpassten graubraunen Fell konnte sie im Gegensatz zu den anderen Tieren keine weitere Anpassung an ihre Lebensraum aufweisen. "Wo bleibt ihr denn nur?" fragte sie vorwurfsvoll, "Ihr seid schon fast genauso trödelig wie Siela!" "Was, ich soll trödeln? Aber Milly, du weißt genau, dass ich mich erst in der Sonne wärmen muss, damit ich schnell laufen, springen und klettern kann!" tönte es hinter ihnen. Siela, die Eidechse war aufgetaucht, ohne dass sie es bemerkt hatten. Das Reptil unterschied sich sehr von ihrer Verwandten, der Ringelnatter. Siela hatte kurze Beine und ihre Augen waren im Vergleich zu denen der Schlange durch Lider verschließbar. Ihr langer Schwanz war ihr bei der Fortbewegung sehr hilfreich. Doch einige Merkmale hatten sie auch gemeinsam: Beide bewegten sich schlängelnd fort, erkannten ihre Beute durch Züngeln und sie hatten beide, Siela und Nara, eine trockene, schuppige Haut.
Endlich waren alle beisammen und das Fest begann. Wettkämpfe wurden ausgetragen und schließlich aßen sie alle gemeinsam an einer großen Tafel, die teils im Wasser, teils auf dem Land war. Und als sie dann alle wieder nach Hause zogen, waren sie sich einig: das Frühlingsfest war mal wieder wunder-, wunderschön gewesen!

Luise Kamusella

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