2 Die Entstehung des Liberalismus
2.7 Die Politik Bismarcks2.7.2 Außenpolitik2.7.2.3 Gesinnungswechsel zum BündnissystemNach der Reichseinigung von 1871 hatte Bismarck sein Ziel erreicht und erklärte Deutschland für saturiert1. Die übrigen Staaten befürchteten nämlich eine weitere Expansion Deutschlands. Ihm jedoch ging es jetzt nur noch um die Erhaltung des Status quo, wozu er aufgrund der etwas problematischen Lage des Deutschen Reiches in der Mitte der übrigen Mächte auf ein Bündnissystem setzte. Immerhin war der neue Nationalstaat von Österreich-Ungarn als Doppelmonarchie, Russland als gefürchteter Landmacht und Großbritannien als führender Seemacht und Frankreich als erzürntem Besiegten umgeben. Durch Verträge und Bündnissysteme sollte die Situation berechenbarer werden. Außerdem sollte dabei zugleich Frankreich isoliert werden, um als eventueller Gegner ausgeschaltet zu werden. Der erste Schritt war 1873 das Dreikaiserabkommen, welches nicht nur Österreich wieder fester ans Reich binden sollte, sondern zugleich auch Russland als potenziell expansive Macht mit einband. Hier orientierte sich Bismarck also vor allem auf die östlichen Nachbarn. 1878 gaben die Wirren auf dem Balkan Bismarck Gelegenheit, als "ehrlicher Makler" zum Berliner Kongress zu laden, um zwischen Großbritannien und Russland zu vermitteln, welche über den versuchten Ausbau des russischen Einflusses auf dem Balkan in Streit geraten waren. Österreich-Ungarn hatte gegen die Aktivitäten Russlands protestiert und Großbritannien gleich seine Flotte geschickt. Bismarck betonte die Notwendigkeit einer friedlichen Konfliktlösung und stellte auch bewusst keine Gebietsansprüche als Entlohnung für die Vermittlerrolle. Sein Kompromiss gestand nun Großbritannien die Vorherrschaft in Ägypten, Russland hingegen die Herrschaft über das Schwarze Meer zu. Damit war die unmittelbare Kriegsgefahr beseitigt, wenn auch der Konflikt nicht auf Dauer aus dem Weg geräumt. Außerdem trübte der Berliner Kongress das russisch-deutsche Verhältnis, weil sich Russland in seinen Interessen nicht genügend berücksichtigt fühlte. Daraufhin festigte Bismarck vorerst 1879 im Zweibund sein Verhältnis zu Österreich-Ungarn, welcher 1882 durch den Beitritt Italiens zum Dreibund erweitert wurde - ein gegen Frankreich gerichtetes Bündnis. Zu Russland kam es 1881 durch eine Erweiterung des Dreikaiserabkommens wieder zu einer Annäherung. Bald drohte eine neue Gefahr, da Frankreich durch Annäherung an Russland der Isolation zu entfliehen versuchte. Zugleich verschärfte ein neuer Balkankonflikt die Spannungen zwischen Österreich-Ungarn und Russland, was das Dreikaiserbündnis praktisch entwertete. So änderte Bismarck seine Bündnispolitik und schloss nach Ablauf des Abkommens 1887 nur einen Rückversicherungsvertrag zu Russland, um die Annäherungsversuche Frankreichs zu unterbinden. Erkauft wurde dieser durch die Zusage, die gegen die Türkei gerichtete Politik Russlands zu unterstützen. Dies war jedoch insbesondere im Zusammenhang mit dem im selben Jahr zwischen Großbritannien, Italien und Österreich-Ungarn im Orientdreibund geschlossenen Mittelmeerabkommen problematisch, welches den Besitzstand der Türkei ausdrücklich gegen einen russischen Angriff verbürgte. 1 gesättigt |
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