2 Die Entstehung des Liberalismus
2.7 Die Politik Bismarcks2.7.1 InnenpolitikBismarck als preußischer Junker war erzkonservativ und kaisertreu. Er war nicht nur ein strikter Gegner der Liberalen, sondern seinem Kaiser Wilhelm I. auch treu ergeben. Zu diesem hatte er stets ein sehr gutes Verhältnis, da Wilhelm I. seine Beschlüsse stets bestätigte, ohne sich aktiv einzumischen. Insgesamt war Bismarcks wichtigstes Ziel, Preußen die Vorherrschaft zu sichern. Dazu war er auch bereit, Kompromisse einzugehen. Innenpolitisch typisch für ihn war seine "Schaukelstuhlpolitik", da er die Parteien im Allgemeinen und die Liberalen im Besonderen zwar verabscheute, jedoch auf die Zusammenarbeit mit ihnen angewiesen war, wie auch sie auf ihn angewiesen waren. So wandte er sich, je nachdem, wie es seinen Interessen gerade dienlich war, mal der einen und dann wieder der anderen Partei zu – so wurde er im Kulturkampf gegen die Zentrumspartei von den Liberalen unterstützt, gegen welche er sich jedoch im Kampf mit der SPD wandte – kennzeichnend auch hier der Einsatz von "Zuckerbrot und Peitsche" – die harten Sozialistengesetze gegen die SPD wurden durch die für die damalige Zeit ungeheuer fortschrittliche Sozialgesetzgebung gemildert, welche die Arbeiterschaft besänftigen sollte. 2.7.1.1 Heeresreform und VerfassungskonfliktZur Angleichung an den Standard anderer Großmächte war eine Neuorganisation und Modernisierung der preußischen Armee dringend vonnöten. Wilhelm I. legte dem Parlament eine entsprechende Reform vor, doch die Liberalen zeigten sich sehr unzufrieden mit dieser Vorlage - sah sie doch einen Abbau der Landwehr und eine Verlängerung der regulären Dienstzeit vor. Wilhelm blieb jedoch uneinsichtig. Er verkündete, dass die Kommandogewalt über das Heer noch immer dem König und nicht dem Parlament obläge. Daraufhin versuchten die Liberalen, die Sache über Budgetstreichungen unter ihre Kontrolle zu bekommen. Die Antwort war eine Neuwahl des Parlaments, aus welcher jedoch die Liberalen gestärkt hervorgingen und sogleich sämtliche finanzielle Mittel verweigerten. König Wilhelm befand sich dadurch in einer äußerst prekären Lage und dachte schon an die Abdankung, als 1862 Bismarck zum Ministerpräsidenten ernannt wurde. Er stellte die "Lückentheorie" auf - da in der Verfassung für den Fall, dass sich König und Parlament nicht einig werden konnten, keine Regelung vorgesehen war, müsse der König eben ohne Budget weiterregieren. Nach dem Grundsatz "Der König hat immer Vorrang" wurden weiterhin Steuern erhoben, damit der Staat handlungsfähig blieb. Bismarck stützte sich bei seinem Vorgehen auf den König, das Heer und die Beamtenschaft, wobei er letztere ebenso wie die Presse zur Kooperation zwang. Zwar bezeichneten die Abgeordneten Bismarcks Vorgehen als verfassungswidrig, doch ergriffen sie aus Angst vor Auseinandersetzungen keine wirksamen Gegenmaßnahmen (wie z.B. einen Steuerstreik). Bismarck war es gelungen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen - er hatte nicht nur einen Sieg über die Liberalen errungen, sondern durch das reorganisierte Heer auch ein hervorragendes Machtmittel gewonnen, welches ihm bei seinen weiteren Schachzügen sehr von Nutzen sein würde. Der Verfassungskonflikt wurde erst 1866 beendet, als die Reform nach den außenpolitischen Erfolgen Bismarcks noch nachträglich durch das Indemnitätsgesetz bewilligt wurde. |
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