2 Die Entstehung des Liberalismus
2.6 Die Industrielle Revolution2.6.3 Die Soziale FrageDie Industrielle Revolution warf schließlich auch die Soziale Frage auf - die Frage, wie mit den sich zunehmend vergrößernden Gegensätzen zwischen Unternehmer- und Arbeiterschicht umzugehen sei. Vor der Industriellen Revolution bestand das Problem des Übergangspauperismus - die Bevölkerung wuchs äußerst zügig, doch in Handel, Landwirtschaft und Handwerk blieben noch immer die alten Strukturen bestehen, sodass eine ausreichende Versorgung nicht mehr sichergestellt werden konnte. Verschärft wurde die Situation durch das Regulierungsedikt in Preußen, durch welches schneller Arbeitskräfte frei wurden, als die noch junge Industrie beschäftigen konnte. Die Folge waren Hunger und Elend, denen man oft nur durch Auswanderung entrinnen konnte. Diese Nöte wurden durch die Industrialisierung gelindert. Doch dafür entstanden neue, weil der Staat bei einem Überangebot von Arbeitskräften nicht in die Wirtschaft eingriff. Infolgedessen konnten die Unternehmer die Arbeitsbedingungen diktieren, wie es ihnen gefiel, die Fabrikarbeiter mit Hungerlöhnen, langen Arbeitszeiten und miserablen Arbeitsbedingungen ausbeuten. Auch soziale Sicherungssysteme fehlten noch vollkommen, Kinderarbeit war weit verbreitet, da die Familien jeden Pfennig benötigten, den sie bekommen konnten. Die Arbeiter standen dem hilflos gegenüber, sie waren vollkommen ohne Rechte Angesichts der problematischen Lage wurden von verschiedener Seite Überlegungen zur Behebung des Notstandes angestellt. Die Kirche gründete karikative Einrichtungen. So wurden von protestantischer Seite Armen- und Krankenpflegeanstalten geschaffen, während die katholische Kirche vor allem für die soziale Sicherheit der Arbeiter sorgen wollte - durch Gesellenvereine, aber auch, indem sie sich für das Recht auf Gewerkschaftsbildung und einen staatlichen Schutz der Arbeiter einsetzte. Einzelne Unternehmer versuchten, ihre Arbeiter durch verbesserte Bedingungen an ihr Unternehmen zu binden. Friedrich Harkort z.B. setzte auf "Hilfe zur Selbsthilfe" durch bildungsverbessernde Einrichtungen wie Kindergärten, Werksschulen etc. Alfred Krupp hingegen schlug gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Durch eine Betriebskranken- und Pensionskasse, Werkswohnungen, einen Konsumverein und ein werkseigenes Krankenhaus konnte er nicht nur die Arbeiter enger an die Firma binden, sondern zugleich auch revolutionären Tendenzen entgegenwirken. Der Staat wollte so wenig wie nur möglich in die Wirtschaft eingreifen. Schließlich sah er sich jedoch doch genötigt, Gesetze gegen Kinderarbeit und zum Schutz der Mütter zu erlassen. Erst Bismarcks Politik zeichnete sich durch eine beispielhafte Sozialgesetzgebung aus (s. nächstes Kapitel). Ergänzt wurden die Gesetze durch staatliche Armenhäuser und Sparkassen. Die Arbeiter selbst hatten vom Staat ein striktes
Koalitionsverbot erhalten, welches Streiks unter Strafe stellte - im
Gegensatz zu Großbritannien, wo den Arbeitern ein Koalitions- und
Streikrecht zustand. Durch ihre "trade unions" befanden sie sich in einer
besseren Lage als ihre deutschen Kollegen. Schließlich sollen an dieser Stelle auch noch Karl Marx
und Friedrich Engels Erwähnung finden, die Erfahrungen in
Großbritannien gesammelt hatten. Sie waren der Meinung, dass sich die
Arbeiter nur selbst erlösen konnten, und zwar durch eine Revolution. Dabei
sollten alle Kapitalisten durch Enteignung entmachtet werden, dafür wollte
unter Führung der Arbeiter eine sozialistisch-kommunistische Gesellschaft
aufgebaut werden. Letztendlich wäre eine Diktatur des Proletariats gegen die
aufbegehrenden Kapitalisten nötig gewesen; sodass die Mehrheit über die
Minderheit (statt umgekehrt) herrschen konnte. |
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