2 Die Entstehung des Liberalismus

2.5 Die Märzrevolution 1848/49

2.5.2 Die Paulskirchenversammlung

Die Verwirklichung der wichtigsten liberalen und nationalen Forderung – Schaffung einer Nationalversammlung – war durch die Märzereignisse 1848 erzwungen wurden. Auf dem gesamten Bundesgebiet fanden nun allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Wahlen statt, sodass im Mai die erste Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche zusammentrat. Ihr Präsident wurde Heinrich von Gagern.

Noch gab es in dieser ersten deutschen Nationalversammlung, jedoch bereits Interessengruppierungen – Konservative, Liberale und Republikaner.

Ihre Aufgabe war es nun, eine gesamtdeutsche Verfassung mit Grundrechten zu verabschieden, eine provisorische Regierung zu bilden und die Grenzen des deutschen Nationalstaates festzulegen. Als vorläufiges Staatsoberhaupt wurde Erzherzog Johann von Österreich gewählt – doch der Regierung standen mangels Kontrolle über Verwaltung und Heer keinerlei Machtmittel zur Verfügung! Und noch während das Parlament beriet, ergriffen die Fürsten bereits erste Gegenmaßnahmen, so z.B. die oktroyierte Verfassung in Preußen, welche einige Errungenschaften der Revolution bereits wieder zurücknahm und auf deren Grundlage 1849 das Dreiklassenwahlrecht eingeführt wurde.

Zum Verhängnis wurde der Paulskirchenversammlung jedoch auch ihre Uneinigkeit – Bundesstaat oder Zentralstaat, Erb- oder Wahlkaiser, Nationalstaat mit oder ohne Österreich, allgemeines oder Zensuswahlrecht? Schließlich einigte man sich auf einen Verfassungskompromiss – ein kleindeutscher Bundesstaat mit Erbkaiser und allgemeinem Wahlrecht, denn die Aufnahme Österreichs wäre mit zu vielen Schwierigkeiten verbunden gewesen, weil Österreich im Gesamten aufgenommen werden wollte, während ein schnelles Handeln erforderlich war.

In der Verfassung waren nun die Grundrechte festgeschrieben, ein allgemeines, gleiches, geheimes, direktes Wahlrecht für Männer über 25 Jahren. Als Kaiser einigte man sich auf Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.

Das Volkshaus war ein Einheits-, das Staatenhaus ein föderatives Organ.

1 = Einberufung, Auflösung bzw. Vertagung

Der Kaiser lehnte die Krone jedoch ab, da deren Anerkennung nicht nur eine Anerkennung der Revolution bedeutet, sondern auch Konflikte mit Österreich und Russland provoziert hätte. Damit war das Werk der Paulskirche im Prinzip gescheitert, die meisten Abgeordneten verließen die Versammlung und übrig blieb als Rumpfparlament eigentlich nur noch die extreme Linke, welche ihren Sitz nach Stuttgart verlegte. Dieses wurde im Juni von Militärs auseinandergetrieben, was das Ende der Paulskirche bedeutete. Die überall im Land vereinzelt aufflammenden Aufstände wurden niedergeschlagen und die alte Ordnung wiederhergestellt. Damit war die Revolution beendet, ohne dass ihre hauptsächliche Errungenschaft, die Paulskirchenverfassung, welche 1849 fertig gestellt worden war, jemals in Kraft trat.

Noch 1849 führte man in Preußen das Dreiklassenwahlrecht ein, welches bis 1918 gültig blieb und nicht nur ungleich, öffentlich und indirekt, sondern regelrecht ungerecht war:

Die Wahlberechtigten jeden Wahlbezirks wurden in Steuerklassen eingeteilt. Dazu wurde das gesamte Steueraufkommen des Bezirks gedrittelt und jeder Wähler entsprechend seiner Steuerleistung dem oberen, mittleren oder unteren Drittel zugeordnet. Jede Steuerklasse stellte ein Drittel der Wahlmänner, welche wiederum die Abgeordneten wählten. Da jedoch die unterste Steuerklasse etwa 82% der Wähler, die oberste hingegen nur 4% der Wähler umfasste, war diese Form des Wahlrechts die Ungerechtigkeit schlechthin! In den Städten wurden meist die Bourgeoisie, auf dem Land die Großgrundbesitzer begünstigt. Es kam auch zu so absurden Ergebnissen, dass z.B. Alfred Krupp in seinem Wahlbezirk als einziger Vertreter seiner Klasse seine Wahlmänner allein ernennen durfte!

Ursachen der Revolution Ursachen des Scheiterns

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